decoration
Und mehr als eine warme Stube und ein gutes Buch braucht man eh nicht.

Margareth

Eine warme Stube und ein gutes Buch

2009 hatte ich einen Herzinfarkt. Nur wenige Stunden zuvor hatte ich noch eine Gemüsesuppe gekocht und zwei Teller davon gegessen, so gut war sie. Und dann hat die Krankheit eingeschlagen wie ein Blitz. 

Von einem Moment wurde ich vom gesunden Mensch zum kranken. Lange war nicht sicher, ob ich überleben würde. Wochenlang konnte ich nichts tun. Für jemanden wie mich, die immer gewohnt war, fest und viel zu arbeiten, war das schlimm. Nichts mehr tun zu können, einfach nur da zu liegen – da ist man kein Mensch mehr. Deshalb bin ich so froh, dass ich noch arbeiten kann. Ob das die Arbeit selbst ist, die Kolleginnen, die Tagesstruktur, die Abwechslung, das weiß ich nicht, aber ohne Arbeit wäre ich unzufrieden, unglücklich und vielleicht nie über meinen Schicksalsschlag hinweggekommen. 

Diese positiven Nebenwirkungen der Arbeit werden oft unterschätzt und werden einem erst dann bewusst, wenn man nicht mehr arbeiten kann, obwohl man es möchte.

Ich lebe jetzt gewiss bewusster, intensiver. Genieße das Leben mehr. Früher habe ich mir nie wirklich Zeit für mich genommen, habe mich um alle anderen zuerst gekümmert. Die Krankheit hat also auch Gutes gebracht. Ich habe ganz viele tolle Leute kennengelernt, die wie eine große Familie für mich sind und die ich sonst nie kennengelernt hätte.

Zu einem guten Leben gehört für mich ein gutes Essen, das habe ich gerne. Ein bissl Bewegung. Zeit in der Natur. Freude am Leben. Die Enkelkinder. Geld hingegen finde ich nicht so wichtig. Das macht das Leben nicht lebenswerter. Das Geld, das ich habe, gebe ich mit Freude aus. Ich habe es mir ja auch selbst erarbeitet. Wieso sollte ich für andere sparen? Übers Erbe wird eh nur gestritten.

Und mehr als eine warme Stube und ein gutes Buch braucht man eh nicht.

Margareth Reichegger